Stellungnahme zur Buchlesung „Antifa heißt Luftangriff!“

Als Gegenprogramm zur diesjährigen Buchmesse, welche als Schwerpunkt das fünfzigjährige Bestehen der deutsch-israelischen Beziehungen feierte, organisierten wir vom Arbeitskreis Nahost in Leipzig am Freitag, den 13.03.2015 im Geisteswissenschaftlichen Zentrum GWZ eine Buchvorstellung und Diskussion zur Analyse des Antifaschismus in Deutschland mit der Hamburger Publizistin Susann Witt-Stahl, Mitherausgeberin des Sammelbandes „Antifa heißt Luftangriff. Zur Regression einer revolutionären Bewegung“ (LAIKA Verlag 2014).

Reaktionäre Splittergruppen in Leipzig haben in den letzten Monaten, seit der Antikriegskundgebung zu Gaza, keine Möglichkeit ausgelassen, ihre pseudoemanzipatorischen, rassistischen und nationalistischen Weltbilder nach außen zu tragen und mit aggressiven Hetzkampagnen und Denunziationsmethoden Einzelpersonen zu verleumden. Dabei geht es ihnen nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern einzig und allein um die Verunglimpfung antifaschistischer und anti-imperialistischer Positionen. Klatschen, wenn ein palästinensischer Aktivist von seiner Foltererfahrung im israelischen Gefängnis berichtet oder Wasserraub in palästinensischen Gebieten frei nach Marie Antoinette kommentieren mit „Wenn ihr kein Wasser habt, trinkt doch Cola!“, sind nur zwei Beispiele ihres menschenverachtenden Auftretens.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass sie dazu aufriefen, die Veranstaltungen des AK Nahost mit organisierten Aufmärschen zu verhindern:

Die Veranstaltung mit Annette Groth (MdB) zur Menschenrechtslage und zum Russell Tribunal zu Gaza am Vortag musste wegen massiver Störung von Seiten sog. „Anti-deutscher“ Gruppierungen an einen anderen Ort verlegt werden. Daher suchten wir vor der Veranstaltung „Antifa heißt Luftangriff“ das Gespräch mit potentiellen „Anti-deutschen“ Störern. Nach der Vorbesprechung am Eingang wurde ihnen der Zutritt unter Voraussetzung, den ungestörten Verlauf der Veranstaltung nicht zu verhindern, gewährt. Sie besetzten die hinteren Reihen des Veranstaltungssaals und entrollten Israelfahnen, hinter denen sie sich zum Bier trinken und pöbeln verschanzten. Den Vortrag der Referentin störten sie durch laute Zwischenrufe. Nach wiederholten Aufforderungen unsererseits und des Publikums, die Veranstaltung nicht weiter zu stören und freiwillig den Raum zu verlassen, eskalierte die Situation.

Aus den letzten Reihen flogen zunächst verbale Provokationen, Schimpfwörter à la „Scheißaraber“ und Mittelfinger gegen das Podium sowie das Publikum – darunter einige syrische Flüchtlinge.
Die einstimmige Forderung des Publikums an die Störer durch „Haut ab“-Rufe und Klatschen wurden laut, und der im Publikum anwesende jüdische Autor Abraham Melzer ging empört auf die hinteren Reihen zu: „Es ist beschämend! Ich habe in der IDF gedient und schäme mich für die Gräueltaten, die ich unter dieser (israelischen) Flagge, die ihr da haltet, begangen habe! Die ist blutbeschmiert, aber wohl in euren Händen gut aufgehoben!“ rief er entsetzt. Einige der Provokateure bedrängten ihn, schubsten und griffen dabei gewalttätig einige der Diskussionsteilnehmer, darunter auch Flüchtlinge, an. In der Folge kam es zu einem Gerangel. Dazu kursiert ein Video im Internet, das offenbar zum Ziel hat, das altbekannte rassistische Klischee des gewaltbereiten Arabers zu reproduzieren. Dieses Video ist eine Falschdarstellung, denn die Tatsachen werden mit diesem Ausschnitt vollkommen verdreht. Und dies nicht mal sehr kaschiert, da das Video offensichtlich mittendrin gecuttet wurde, um die Provokationen und das Randalieren der Störer der hinteren Reihen wegzuschneiden und den Eindruck zu erwecken, ein Mensch werde heftig getreten. Nicht sie wurden angegriffen, sondern sie griffen an. Das Publikum reagierte aus Selbstverteidigung auf physische Bedrohungen, so auch der im Video zu sehende junge Mann, der einen der übergriffigen Störer zurücktrat. Einer der Veranstalter, der zur Beruhigung der Lage dazwischen schritt, trug Kratzverletzungen durch die Pöbler davon. Der sich in der Opferrolle wähnende Fotograf Alexander Böhm der LIZ rief die Polizei und erstattete Anzeige wegen Körperverletzung gegen einen syrischen Flüchtling. Er setzte das lächerliche Gerücht in Umlauf, er sei von der Veranstaltung ausgeschlossen worden.

Das Video und die Photos wurden zudem widerrechtlich aufgenommen und verletzen das Persönlichkeitsrecht der Referentin, die das Filmen und Fotografieren zu Beginn der Veranstaltung ausdrücklich untersagt hatte. Eine Tatsache, die für rechtsbewusste, kleinbürgerliche Provokateure, die erst pöbeln und angreifen und dann die Polizei zur Hilfe rufen, ja von Relevanz sein sollte.

Diese deutschen Täterenkel griffen somit auf der Veranstaltung anwesende Flüchtlinge an, entblödeten sich nicht, die Polizei zu rufen und einen Flüchtling wegen angeblicher Körperverletzung anzuzeigen. Dass eine Anzeige für einen Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus die Abschiebung kosten kann, störte diese „Antifas“ offenbar nicht.

Die Veranstaltung konnte schließlich fortgesetzt werden, nachdem die pöbelnde „Antifa“ den Raum verließ. Sie boten das empirische Material für Witt-Stahls folgende theoretische Ausführungen. Sie referierte über die neoliberale Durchdringung dieser deutschen systemaffirmativen „Antifa“: Diese heutige, pervertierte „Antifa“ ist ein Produkt der Vordenker des Neoliberalismus wie Hayek und Lippmann. Laut deren geistigen Verrenkungen sei der Faschismus nicht mehr die hässliche, ausbeuterischste Fratze des Kapitalismus, sondern eine Spielart des Sozialismus: Nicht mehr Banken und Großkonzerne haben den Faschismus unterstützt und von ihm profitiert, sondern vielmehr sei der Faschismus die „Subalterne an der Macht“, quasi die Barbarei des Kollektivismus. Nach dieser Logik gelte es, Kommunismus und Faschismus als gleichgesetzte Form des Kollektivismus und nicht mehr den Kapitalismus zu bekämpfen. Diese neoliberale Deutung des Faschismus ist auch heute in der „Antifa“-Szene sehr weit verbreitet, was sich an Slogans wie „Nazi-Stau im Plattenbau“, „Abitur! Abitur!“ oder „Wir haben Arbeit und ihr nicht“ manifestiert. Nicht mehr thematisiert wird die ökonomische Bedeutung des Faschismus für die herrschende Klasse und die damit vorangehende Entrechtung und Ausbeutung der arbeitenden Klassen. Folgerichtig denunzieren die systemaffirmativen „Antifas“ jegliche kollektive Organisierung als potentiell faschistische Volksgemeinschaft. „Mit dieser Antifa ist keine Revolution zu machen.“ sagte Witt-Stahl. Die Vertreter der deutschen systemaffirmativen „Antifa“ kämpfen folgerichtig nicht mehr gegen die Auswüchse des Kapitalismus, die geeignet sind, eine neue Form des Faschismus hervorzubringen, sondern gegen jede Form kollektiver, antikapitalistischer Organisierung. Außerdem verkennen sie nicht nur die Wandlungsfähigkeit rassistischer Mobilmachung, sie treiben sie sogar voran, indem sie dem „Umma-Sozialismus“ oder wahlweise dem „Islamofaschismus“ zum Schutz der emanzipierten und freien westlichen Zivilisation den Krieg erklären. Sie applaudieren dem Bombardement Kabuls, Bagdads und Gazas und halten es auch nicht für nötig, gegen den NATO-Vormarsch in die Ukraine zu protestieren. Und so kam es dazu, dass der entscheidende Unterschied zwischen den Vertretern dieser „Antifa“ und der deutschen Bundesregierung ihre Uniform ist.

Wir fordern Alexander Böhm bzw. den Anzeigerstatter dazu auf, ihre unberechtigte Anzeige gegen den syrischen Geflüchteten sofort zurückzuziehen.

Wir, der Arbeitskreis Nahost in Leipzig, analysieren den Nahost-Konflikt aus einer anti-imperialistischen Perspektive und nicht als isolierter solidaritätsbedürftiger Fall. In den kläglichen Zuständen dieser Stadt werden wir uns weiterhin für eine Auseinandersetzung mit Antiimperialismus und Antifaschismus stark machen.

Interview mit Susann Witt-Stahl im Weekly Worker: „Antifa means air raid“

Die britische Wochenzeitung Weekly Worker (Zeitung der Communist Party of Great Britain) veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 26. März 2015 ein Interview mit Susann Witt-Stahl:

„A leftwing book presentation in Leipzig was attacked by ‘antifa’ activists earlier this month. We spoke to the main speaker at the meeting, Susann Witt-Stahl“

http://weeklyworker.co.uk/worker/1051/antifa-means-air-raid/

junge Welt: „Saufen, pöbeln, prügeln – Antideutsche in Leipzig denunzieren und wenden Gewalt an“

Wir dokumentieren einen Beitrag von Simon Zeise aus der Tageszeitung “junge Welt” (Ausgabe vom 18. März 2015):

Saufen, pöbeln, prügeln
Antideutsche in Leipzig denunzieren und wenden Gewalt an

Am letzten Freitag stellte die Autorin Susann Witt-Stahl auf Einladung des Arbeitskreis (Ak) Nahost an der Universität Leipzig ihr Buch »Antifa heisst Luftangriff – Zur Regression einer Revolutionären Bewegung« vor. Bereits am Donnerstag (jW berichtete) veranstaltete der Ak eine Diskussion mit der Bundestagsabgeordneten Annette Groth (Die Linke) über das Russel-Tribunal, das israelische Menschenrechtsverletzungen anklagt. Der Ak wollte mit seinen Veranstaltungen ein kritisches Gegenprogramm zur Leipziger Buchmesse anbieten, dort waren Menschenrechtsverletzungen Israels kein Thema.

Gleich zu Beginn besetzten sogenannte Antideutsche die hinteren Reihen des Veranstaltungssaals und entrollten Israel Fahnen, hinter denen sie sich Bier trinkend und pöbelnd verschanzten. Den Vortrag der Referentin störten sie durch laute Zwischenrufe. Wiederholten Aufforderungen, nicht weiter zu stören und friedlich den Raum zu verlassen, wurde nicht nachgekommen. Aus den letzten Reihen seien zunächst Schimpfwörter wie »Antisemiten« und »Scheißaraber« zu hören gewesen. Das Publikum habe sich im Folgenden schützend vor die Referentin gestellt, berichtete Moderatorin Ika A. gegenüber jW.

Einige der Provokateure hätten sogar Diskussionsteilnehmer angegriffen. Es kam zu Rangeleien. Dazu kursiert ein Video im Internet. Die Tatsachen würden mit diesem Ausschnitt vollkommen verdreht, so der Ak Nahost, »und dies nicht mal sehr kaschiert, da das Video offensichtlich mittendrin gecuttet wurde«. Das Video zeigt zusammengeschnittene Sequenzen, die den Eindruck erwecken, dass die Antideutschen angegriffen worden seien. Der mehrmalige Bundestagsdirektkandidat der Partei Die Linke, Mike Nagler, erklärte zu diesen erhobenen Vorwürfen, es sei eine »glatte Lüge und Falschdarstellung der Ereignisse, und das können mindestens 30 anwesende Besucherinnen und Besucher bestätigen«. So hätten die Antideutschen unter anderem mit Bierflaschen geworfen, sagte Ika A. Das Publikum verteidigte sich gegen solche physischen Bedrohungen.

Alexander Böhm, Fotograph der Leipziger Internetzeitung (Liz) begleitete die Veranstaltung. Er gibt an, beim Verlassen von mehreren Schlägen auf den Kopf getroffen worden zu sein. Böhm wisse nicht, wer ihn geschlagen habe, erklärte ein Sprecher der Liz gegenüber jW. Einen syrischen Flüchtling hat es dann getroffen. Er erhielt eine Anzeige, basierend auf Zeugenaussagen der Antideutschen. Jetzt droht ihm die Abschiebung. Der Ak Nahost fordert Böhm dazu auf, die unberechtigte Anzeige gegen den syrischen Flüchtling zurückzuziehen. Die Liz signalisierte gegenüber jW Gesprächsbereitschaft, bedaure die »Tragik« und wolle »keine weiteren juristischen Schritte« einleiten.

Die Antideutschen hätten in Leipzig in den letzten Monaten »keine Möglichkeit ausgelassen, »mit aggressiven Hetzkampagnen und Denunziationsmethoden Einzelpersonen zu verleumden«, schreibt der Ak Nahost. »Klatschen, wenn ein palästinensischer Aktivist von seiner Foltererfahrung im israelischen Gefängnis berichtet, oder Wasserraub in palästinensischen Gebieten frei nach Marie Antoinette kommentieren mit »wenn ihr kein Wasser habt, trinkt doch Cola!«, seien nur einige Beispiele ihres menschenverachtenden Auftretens.

Quelle: https://www.jungewelt.de/2015/03-18/025.php

Pressemitteilung: Übergriff auf Buchvorstellung zur Antifa in Deutschland

Pressemitteilung des AK Nahost vom 14. März 2015

Übergriff auf Buchvorstellung zur Antifa in Deutschland

Pöbeln und provozieren, um sich dann als Opfer darzustellen und gegen einen syrischen Kriegsflüchtling im Asylverfahren Anzeige bei der bundesdeutschen Polizei zu erstatten.

Rund 25 Jugendliche, die sich der Leipziger Antifa zugehörig fühlen, haben gestern mit Israelflaggen, Bierflaschen und Zurufen die von der Leipziger Gruppe AK-Nahost veranstaltete Buchvorstellung „Antifa heißt Luftangriff. Zur Regression einer revolutionären Bewegung“ (Laika Verlag 2014) massiv gestört. Gegenstand der Abendveranstaltung war die sich seit den 90er Jahren vollziehende Wandlung von Teilen der „Antifa“ zu einer systemaffirmativen und kriegsverherrlichenden Bewegung. Der Neoliberalismus habe es erfolgreich geschafft, die Deutungshoheit über den Begriff Antifaschismus zu erlangen. “Nie wieder Faschismus, immer wieder Krieg!” fasst der Sammelband die Pervertierung innerhalb der Antifa zusammen.

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung am Freitag kursierte im Internet ein Aufruf zur Verhinderung der Buchvorstellung. Die Veranstalter suchten vor der Veranstaltung das Gespräch mit dem aggressiv auftretenden Jugendlichen und ihre Teilnahme wurde unter der Voraussetzung zugelassen, dass das restliche interessierte Publikum zunächst ungestört dem Vortrag der Herausgeberin Witt-Stahl zuhören könne. Im Publikum saßen Buchmessebesucher, weitere Autoren sowie auch syrische Flüchtlinge, für die eine Übersetzung bereitgestellt wurde. Nach mehrmaliger Aufforderung der Veranstalter sowie des restlichen Publikums, die lauten Pöbeleien einzustellen, weigerten sich die Störer den Raum zu verlassen und sorgten mit Vulgaritäten, Übergriff und Bierflaschen für eine gewalttätige Eskalation. Die Situation auf den Kopf stellend, gerierten sie sich als Opfer und alarmierten die Polizei, um Anzeige gegen einen der syrischen Geflüchteten wegen angeblicher Körperverletzung zu erstatten. Dieser war vorher lediglich, um der Aufforderung der Referentin und des Publikums, den ungestörten Verlauf der Veranstaltung zu ermöglichen Nachdruck zu verleihen, mit aufgestanden. „Diese deutschen Täterenkel schwenken Israel-Flaggen, begrüßen damit die Ermordung von Tausenden durch Bomben im Freiluftgefängnis Gaza. Sie sorgen hier mit lügenhaften Darstellungen und einer polizeilichen Anzeige dafür, dass syrische Flüchtlinge womöglich kein Aufenthaltsrecht in der BRD erhalten“ – kommentieren die Veranstalter des AK Nahost – „Das ist ekelhaft und hat mit Antifaschismus wahrhaft nichts zu tun!“

Edit: Die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag wurde deaktiviert. Bei Diskussionsbedarf stehen wir euch per e-mail zur Verfügung.

junge Welt: „Man macht sich schuldig, wenn man schweigt“ – Veranstaltung in Leipzig thematisiert Verbrechen gegen Gaza.

Wir dokumentieren folgend einen Beitrag der Tageszeitung „junge Welt“ (Ausgabe vom 14. März 2015) zu unserer Veranstaltung „Menschenrechtsverletzungen in Palästina:
Das Russell-Tribunal zum Gaza-Krieg“ am 13. März 2015:

»Man macht sich schuldig, wenn man schweigt«
Veranstaltung in Leipzig thematisiert Verbrechen gegen Gaza

Die Leipziger Buchmesse feiert mit ihrem diesjährigen Schwerpunkt »1965 bis 2015. Deutschland – Israel« die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Verantwortlich für den diesjährigen Messeschwerpunkt zeichnet – sowohl inhaltlich, als auch finanziell – u. a. die Botschaft in Berlin gemeinsam mit dem Bertelsmann-Club.

Nur knapp sieben Monate nach Ende des letzten Gaza-Krieges soll auf diese Weise offenbar das angekratzte Image Israels aufpoliert werden. Nur wenige kritische Stimmen sind gegen die Einladung zu vernehmen. Doch gibt es Gegenbeispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Nach der Bombardierung des Gazastreifens wurde Israel 2009 als Gastland zur Buchmesse nach Turin eingeladen. 20.000 Demonstranten protestierten damals dagegen. Auch heute wollen nicht alle die mehr als 2.200 Opfer des Krieges im Sommer letzten Jahres sowie die Tausenden obdachlosen und kriegstraumatisierten Menschen in Gaza vergessen: Parallel zur Buchmesse findet in Brüssel die Abschlussitzung des internationalen Russell-Tribunals zu Gaza statt, vor dem die israelischen Kriegsverbrechen verhandelt werden.

Am Donnerstag abend informierte Annette Groth (MdB), menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, an der Universität Leipzig über Menschenrechtsverletzungen in Gaza, auf Einladung des Leipziger Arbeitskreises Nahost. Die Lage dort sei auch knapp sieben Monate nach dem Ende der 51 Tage dauernden Bombardierung katastrophal und habe sich durch den Wintereinbruch weiter verschärft: Viele Menschen – vor allem kleine Kinder – seien der Kälte in den Zelten schutzlos ausgeliefert. Zivile und medizinische Infrastruktur wurde zerstört. Die Trinkwasserversorgung sei kaum noch gewährleistet, wodurch sich die Situation weiter verschlimmere. Der Wiederaufbau stocke, da Israel mit dem Argument des Tunnelbaus durch die Hamas nur unzureichende Baumaterialien einführen lasse. Um diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht zu unterstützen, forderte Groth die Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel.

Dieser Schritt sei aber auch im eigenen Interesse notwendig, denn 50 Jahre deutsch-israelische Partnerschaft bedeute vor allem militärische Kooperation. Es sei nicht auszuschließen, dass die deutschen Soldaten, die im Frühjahr von israelischen Sicherheitskräften (IDF) im Häuser- und Tunnelkampf ausgebildet werden sollen, gegen die eigene Bevölkerung zum Einsatz kommen könnten. Sozialproteste könnten so zum militärischen Ziel erklärt werden. Zur angesprochenen kriegstechnischen Zusammenarbeit gehöre auch das Leasing israelischer »Heron«-Drohnen durch die BRD und deren Einsatz in Afghanistan.

Groth beklagte das Schweigen der Bundesregierung auch angesichts schwerster Massaker und kommentierte »Man macht sich schuldig, wenn man schweigt«. Aber auch innerhalb ihrer eigenen Fraktion bezögen zu wenige Abgeordnete Position, da es eben »nicht karrierefördernd« sei sich für Menschenrechte auch in Palästina einzusetzen.

Linksfraktionschef Gregor Gysi wird auch auf der Buchmesse zugegen sein und gemeinsam mit Friedrich Schorlemmer und Avi Primor über »Die DDR und Israel« diskutieren. Größere Meinungsverschiedenheiten sind kaum zu erwarten, schließlich gehört für Gysi die »Solidarität mit Israel« zur »deutschen Staatsräson«.

Quelle: https://www.jungewelt.de/2015/03-14/034.php

Dokumente zur Diskussion um den Schwerpunkt der Leipziger Buchmesse 2015

* Aufruf der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost:
Aufruf zum Boykott aller pro-israelischen Veranstaltungen der Leipziger Buchmesse 2015

* Offener Brief von BDS Berlin und Berlin Academic Boycott:
Kultur zur Ablenkung von völkerrechtlichen Verbrechen

* Erklärung des Neuen ISP Verlages und des Autors Shir Hever
Warum wir unsere Teilnahme an der Leipziger Buchmesse 2015 zurückziehen

„1965 bis 2015. Deutschland – Israel“ – Ein Grund zum Feiern?

Flugblatt und Veranstaltungen des AK Nahost zur Leipziger Buchmesse 2015
.pdf-Version des Flugblatts

Die Militärangriffe auf Gaza im Sommer 2014: Bilder von Bombeneinschlägen, zerstörten Wohngebieten und verängstigten Flüchtlingen gingen um die Welt. Der israelische Staat hat im letzten Sommer das von ihm besetzte und belagerte palästinensische Gebiet des Gazastreifens bombardiert, ganze Stadtviertel und Flüchtlingslager dem Erdboden gleich gemacht und dabei über 2.000 Menschen getötet. Ist Gaza mittlerweile auch weitgehend aus der Berichterstattung verschwunden, sind diese Bilder im Gedächtnis der Öffentlichkeit geblieben.

„1965 bis 2015. Deutschland – Israel“ lautet der Schwerpunkt der Leipziger Buchmesse in diesem Jahr. Dieser Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Sieben Monate nach dem Krieg in Gaza feiert die Leipziger Buchmesse die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen dem israelischen Staat und der Bundesrepublik.

Die inhaltliche Gestaltung des Messeschwerpunktes wurde an externe Partner abgegeben. Das Programm „1965 bis 2015. Deutschland-Israel“ wurde von der Botschaft des Staates Israel in Deutschland sowie dem Club Bertelsmann selbst ausgewählt, organisiert und auch mitfinanziert. Im Kontext der Ereignisse der letzten Monate wird deutlich, dass es bei der diesjährigen Buchmesse nur vorgeblich um israelische Literatur, um Amoz Oz und David Grossman, geht. Übergeordnetes Ziel des medienwirksamen Messeschwerpunktes ist die Rehabilitierung Israels in den Augen der deutschen Öffentlichkeit, um dessen angekratztes Image wiederherzustellen. Es geht darum, um bundesdeutsche Unterstützung einer Politik zu werben, die mittlerweile auch im eigenen Land mehr und mehr Kritiker findet.

Die Studie der Bertelsmann-Stiftung „Deutschland und Israel heute: Verbindende Vergangenheit, trennende Gegenwart?“ von Anfang 2015 zeigt, dass sich die Wahrnehmung Israels in Deutschland verschlechtert hat. Der Messeschwerpunkt ist als Teil einer Imagekampagne zu verstehen, die zum Ziel hat, die Bilder der Leichen aus Gaza vergessen zu lassen.

Wir möchten Sie auffordern, diesen Zusammenhang während Ihres Besuches der Buchmesse bewusst im Kopf zu behalten und kritisch die Inhalte zu hinterfragen, die in Form harmlos wirkender Literaturveranstaltungen ein Produkt gezielten Lobbyismus‘ darstellen.
Während die Buchmesse in Leipzig die Aufnahme der diplomatischen Beziehung zwischen Israel und der BRD feiert, findet in Brüssel eine andere Veranstaltung statt: Das internationale Russell-Tribunal verhandelt die israelischen Kriegsverbrechen in Gaza.

Wir möchten Sie sehr herzlich zu unseren Informationsveranstaltungen einladen:
Die Bundestagsabgeordnete Annette Groth spricht anlässlich des Russell-Tribunals über die Menschenrechtslage im von Israel besetzen Palästina und die Autorin und Wissenschaftlerin Susann Witt-Stahl über die deutsche Staatsräson und die Linke.

Donnerstag, 12. März 2015, 19.00 Uhr
„Menschenrechtsverletzungen in Palästina:
Das Russell-Tribunal zum Gaza-Krieg“
Hörsaal im Geisteswissenschaftlichen Zentrum
Beethovenstrasse 15, 04107 Leipzig (gegenüber der Universitätsbibliothek ‚Bibliotheca Albertina‘).
Facebook-Event
.pdf-Datei mit Plakat zur Veranstaltung
Freitag, 13. März 2015, 19.00 Uhr
Buchvorstellung mit Susann Witt-Stahl
„Antifa heißt Luftangriff“
Hörsaal im Geisteswissenschaftlichen Zentrum
Beethovenstrasse 15, 04107 Leipzig (gegenüber der Universitätsbibliothek ‚Bibliotheca Albertina‘).
Facebook-Event
.pdf-Datei mit Plakat zur Veranstaltung

Veranstaltungsbericht: Wer profitiert von den Gaza-Kriegen?

Der israelische Wirtschaftswissenschaftler Shir Hever sprach in Leipzig über die Ursachen der Besatzung Palästinas und den Kriegen im Gazastreifen.

Am 17. September 2014 lud der Leipziger AK Nahost zu einer Informationsveranstaltung mit dem israelischen Wirtschaftswissenschaftler Shir Hever im Neuen Schauspiel ein. Die Veranstaltung mit dem Titel „Gaza – wen interessiert’s?“ hatte zum Ziel, fern von essentialistischen Kategorisierungen den realen politischen und wirtschaftlichen Ursachen des Gaza-Konfliktes auf den Grund zu gehen.

Shir Hever, der an der FU Berlin über die Privatisierung der Sicherheitsindustrie der israelischen Besatzung promoviert, ging in seinem Vortrag im Besonderen auf die internationalen Verflechtungen nationaler Waffenindustrien ein, um zu veranschaulichen, dass die Gaza-Kriege ganz reale wirtschaftliche Ursachen haben. In seinem Vortrag veranschaulichte Hever, dass eine gesamte Industrie von regelmäßigen Angriffen auf den abgeriegelten Gazastreifen abhängig ist.

Israel hat die militarisierteste Wirtschaft der Welt
Der auf Empirie basierende Vortrag machte an Exportzahlen deutlich, dass der israelische Staat im weltweiten Ranking der größten Waffenproduzenten und -exporteure erst weit nach den USA und auch nach der Bundesrepublik gelistet sei, die israelische Wirtschaft jedoch im internationalen Vergleich am stärksten von der militärischen Industrie abhänge. “Israel is probably the most militarized economy in the world“, stellte Shir Hever fest. Etwa 150 Tausend israelische Haushalte lebten von der Waffenindustrie. Doch auch auf den politischen Diskurs der israelischen Eliten ging Hever während seines Vortrags ein, so beschrieb er zwei Denkschulen bezüglich der Waffenindustrie, die sich nach der israelischen Staatsgründung etabliert hätten: Die erste Denkschule, der der spätere MP Peres angehörte, habe für eine autarke israelische Waffenindustrie argumentiert, während die mit dem späteren, ermordeten Rabin verbundene Denkschule glaubte, dass Handel und eine Spezialisierung der eigenen Waffenindustrie am vorteilhaftesten sei. Zwar habe sich zunächst nach dem Juli-Krieg von 1967 die erste Denkschule Peres‘ durchgesetzt, da die israelische Führung damals noch davon überzeugt gewesen sei, dass die Internationale Gemeinschaft die mit dem Krieg begonnene völkerrechtswidrige Besatzung der palästinensischen Gebiete des Westjordanlandes und des Gazastreifens nicht akzeptieren würde, doch habe sich nach der Erkenntnis des Gegenteils und im Besonderen nach dem Krieg von 1973 letzten Endes doch Rabins Denkschule durchgesetzt. Es habe sich nämlich gezeigt, dass die USA begannen, den israelischen Staat gratis mit Waffen zu beliefern.

Der Hauptprofiteur der Gaza-Kriege ist die US-amerikanische Waffenindustrie
Die Frage nach den Hauptprofiteuren der israelischen Kriege beantwortete der israelische Wirtschaftswissenschaftler ganz eindeutig: Die US-amerikanische Waffenindustrie profitiere am stärksten von den Kriegen gegen den Gazastreifen. Denn die amerikanische Regierung unterstütze den israelischen Staat nicht mit 3 Milliarden Dollar in Geldscheinen, sondern in Krediten, die Israel nur bei amerikanischen Waffenfirmen einlösen könne. Nicht die Israel-Lobby (AIPAC, J Street), die pro Wahlperiode im Schnitt nur 20 bis 30 Millionen Dollar ausgeben könne, setze real die US-amerikanische Unterstützung des israelischen Staates durch, sondern die amerikanische Waffenindustrie, deren finanzielle Mittel für PR und Lobbyismus diejenigen der Israel-Lobby bei weitem überstiegen. Hever machte deutlich, dass die amerikanische Waffenindustrie nicht im Entferntesten ein Interesse an einem Ende des Konfliktes im Nahen Osten habe, da Israel ihren sichersten Absatzmarkt darstelle.
Neben den Hauptprofiteuren, den US-amerikanischen Waffenfirmen, profitiere eine Minderheit innerhalb Israels an der illegalen Besatzung der palästinensischen Gebiete und den Angriffen auf Gaza. Doch der Großteil der Bevölkerung, so Hever, leide unter sozialen Missständen und poche auf die Aufrechterhaltung des status quo, um zumindest innerhalb des Apartheidssystems zur privilegierten Gruppe zu zählen. Zu den Profiteuren der Besatzung und Kriege gehörten zum einen die israelische Waffenindustrie, und zum anderen israelische Offiziere, die als Waffenhändler arbeiteten.

Das Westjordanland als Experimentierfeld für israelische Sicherheitsfirmen
Laut Hever wird die Besatzung der palästinensischen Gebiete aus wirtschaftlichen Gründen aufrechterhalten. Sein Vortrag beschrieb die Unterschiede zwischen der israelischen Besatzung des Westjordanlandes einerseits und der des Gazastreifens andererseits und die dabei wirksamen unterschiedlichen wirtschaftlichen Motive.

Im Westjordanland sei Ziel und Praxis der israelischen Führung die Einverleibung des gesamten besetzten und besiedelten Gebietes in das israelische Staatsgebiet. Im Westjordanland habe die israelische Armee, die seit 1973 bzw. 1982 keinen konventionellen Krieg mehr geführt habe und vermutlich auch in einem solchen keine besondere Schlagkraft aufbrächte, die politische und militärische Aufgabe, die einheimischen Palästinenser_innen zu kontrollieren und ihren Widerstand zu unterdrücken. Hever sprach von der israelischen Armee als “experts againt resistance in inequallity conflicts“, also von „Experten im Kampf gegen Widerstand in ungleichen Konflikten“. Die Besatzung im Westjordanland basiere auf hoch entwickelter Sicherheitstechnologie und biete damit privaten Sicherheitsfirmen ein Experimentierfeld für die Entwicklung neuer Sicherheitstechnologien, die der Kontrolle und Repression von Bürgern und Demonstranten dienten. Unter israelischer Besatzung könnten diese frei an den im Westjordanland lebenden Palästinenser_innen getestet werden und danach als solche lukrativ an Staaten, darunter auch EU-Staaten verkauft werden.
Hever nennt das Beispiel Brasiliens, wo Armenviertel (“Favelas“) von der brasilianischen Regierung mithilfe israelischer Militärtechnologie wie palästinensische Städte im Westjordanland kontrolliert und abgeriegelt werden könnten: “They put a checkpoint, put snipers and they just close it“. Tatsächlich sei der Hauptexport Israels die Sicherheitstechnologie. Ein großer Teil der israelischen Industrie sei somit an der Aufrechterhaltung der Besatzung und Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland interessiert.

Der Gazastreifen als Labor der israelischen Waffenindustrie
Diene das Westjordanland als Experimentierfeld für Produzenten von Sicherheitstechnologien, so sei der Gazastreifen ein Labor für die sehr eng mit dem Militär verwobene israelische Waffenindustrie. Shir Hever erklärte, dass die Armeelaufbahn in Israel relativ kurz sei, so dass sich viele ehemalige Offiziere für eine zweite Laufbahn als Waffenhändler entschieden. Als solche könnten sie sehr erfolgreich Geschäfte machen, da sie die Waffen aus eigenem Gebrauch kennen würden und damit authentisch werben könnten. Der Slogan “I was an officer, I fought people“ überzeuge international: zu den wichtigsten Kunden der israelischen Waffenindustrie zählten neben den USA, vor allem Indien, China, die Türkei, Singapur und Südafrika. Mit den US-amerikanischen Waffenfirmen verbinde die israelische Waffenindustrie eine standardisierte Kooperation: Kaufe man ein Flugzeug der USA, biete sich passgerecht ein israelischer Helm dazu an. Nach jedem der letzten drei israelischen Gaza-Kriege habe es eine internationale Waffenmesse in Israel gegeben, die weltweit Waffenlobbyisten angezogen hätte. Der wirtschaftliche Faktor für den israelischen Staat sei nicht zu unterschätzen: Waffen machten 11% des israelischen Exports aus.
Hever führte für die Wahl des Gazastreifens als Angriffsziel folgende Begründung an: Nach der 2. Intifada, dem Volksaufstand der Palästinenser_innen unter der israelischen Besatzung, wären die Militäraktionen der israelischen Armee, allen voran die Invasion des Libanon im Sommer 2006 misslungen. Die Armee sei in Misskredit geraten und die Regierung sei gescheitert. Deshalb habe die israelische Führung das Ziel auf den Gazastreifen verlagert, den Hever als “softer target“ beschrieb, da das Gebiet unter vollständiger Kontrolle und Belagerung Israels stünde und auch von ägyptischer Seite militärisch abgeriegelt sei. Der Gazastreifen diene seitdem, so Hever, als Labor für die Entwicklung neuer Waffentechniken und als Werbefläche für den internationalen Waffenmarkt, auf dem die israelischen Produkte als an lebenden Menschen getestet beworben und verkauft würden. “Gaza is a trade show for the weapons industry“. Gaza sei eine Messe für die Waffenindustrie, erklärte der israelische Wirtschaftswissenschaftler und führte dies auch am politischen Beispiel aus: Während des letzten Angriffs auf den Gazastreifen im Sommer 2014 habe die Hamas das Spiel des “Krieges“ erstmals nicht mitgemacht und Israel einen Waffenstillstand von 10 Jahren angeboten.. Israel habe dieses Angebot abgelehnt, da eine 10-jährige Waffenpause der Waffenindustrie schaden würde. Die militarisierte Wirtschaft Israels, so Hever, brauche die Garantie eines sich regelmäßig wiederholenden Krieges für die Entwicklung und Bewerbung ihrer Waffen. Es sei daher vorauszusehen, dass in zwei Jahren der Gazastreifen als “leichte Beute“ erneut angegriffen werde.

Shir Hever, der aktiv die BDS-Kampagne unterstützt, sagte am Ende der Veranstaltung, dass er als Israeli spreche und palästinensische Stimmen im deutschen Diskurs vermisse. Er habe mit seinem wissenschaftlichen Vortrag bezweckt, mit Zahlen und Fakten darzustellen, dass die Besatzung der palästinensischen Gebiete und die Massaker im Gazastreifen konkrete wirtschaftliche Ursachen haben. Doch solle nicht vergessen werden, dass allein im letzten Krieg gegen Gaza über 2000 Menschen ihr Leben verloren haben, damit die weltweit agierende, israelische Waffenindustrie ihre Produkte bewerben kann.

6. November 2014: Existence is Resistance – Bericht aus dem Jordantal

Wir laden ein zur Vortrags- und Diskussionsveranstaltung:
„Existence is Resistance“ – Bericht aus dem Jordantal

Nach Gaza ist vor Gaza. Denn: die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas geht weiter.

Wir wollen mit Rashed Khudiri, dem palästinensischen Koordinator des ‚Jordan Valley Solidarity Movement‘ (JVSM), näher diskutieren, was Besatzung in der Praxis heißt. Rachid berichtet aus dem Jordantal. Das Jordantal ist das fruchtbarste Land in der Region, aus dem Datteln, Obst und Gemüse Richtung Europa exportiert werden. Als Grenzregion zum einzigen Drittstaat Jordanien, gilt es zudem als „Sicherheitsgürtel Israels“. Den palästinensischen Bewohnern des Jordantals wird das Recht auf den Bau von Häusern, Schulen und bäuerlichen Wirtschaftsgebäuden (Viehställe, Unterstände etc.), das Recht auf den Bau/die Reparatur von Wasser- oder Stromnetzen, das Recht sich frei im Jordantal und im Rest der Westbank zu bewegen und das Recht das eigene Land zu bewirtschaften verwehrt. Die Bewohner des Jordantals stehen unter ständiger militärischer Überwachung und werden, regelmäßig vom Militär aus ihren Häusern vertrieben. Mit Rashed Khudiri wollen wir diskutieren, warum es nach über 60 Jahren immer noch so ist und warum die israelischen Behörden das Jordantal für einen strategisch lebenswichtigen Posten halten.

Das JVSM ist ein Netzwerk von palästinensischen Gemeinden im Jordantal, die versuchen, sich der israelischen Vertreibungspolitik gemeinsam entgegen zu stemmen. Der AK-Nahost Leipzig setzt sich dafür ein, hier in Leipzig für die Situation in Israel/Palästina zu sensibilisieren und darüber aufzuklären, dass es sich dabei seit ihren Anfängen um „eine Geschichte von Enteignung, von Kolonisierung, von Besatzung und von Ausweisung“ handelt [Ilan Pappé].

Vortrags- und Diskussionsveranstaltung:
„Existence is Resistance“ – Bericht aus dem Jordantal

Donnerstag, 06. November 2014
Beginn: 19.00 Uhr
die naTo (Soziokulturelles Zentrum)
(Karl-Liebknecht-Straße 46, Wegbeschreibung)